"Nach der Schule muss sich jeder die Frage stellen, was er denn als nächstes tun möchte. An Optionen mangelt es nicht und bevor man sich entscheidet müssen viele Faktoren beachtet werden. Will ich direkt wieder die Schulbank drücken und studieren oder eine Ausbildung starten? Will ich die Welt sehen und reisen? Will ich einfach mal ein Jahr nur mein Leben genießen und ein Jahr lang jobben gehen? Oder möchte ich einfach ein Jahr Pause haben und Anderen in einem FSJ (Freiwilligen Sozialen Jahr) helfen?
In meinem Fall wollte ich mir kein direktes Studium nach den 12 Jahren Schule antun und suchte nach einem geeigneten FSJ-Einsatz. Leichter gesagt als getan.
Trotz langer Recherche fand ich nichts was ich ein Jahr lang machen wollte und die Option direkt mit einem Studium weiter zu machen wurde immer realistischer - bis mich mein Trainer darauf hinwies, dass mein eigener Fußballverein dieses Jahr das erste Mal eine FSJ-Stelle anbietet.
Ein paar E-Mails, einige persönliche Treffen mit der Sportjugend Berlin später und ich bin plötzlich (der allererste) FSJler beim SV Blau-Gelb Berlin und stehe neben meinen alten Trainern auf dem Platz, denn bis zum Sommer war ich selbst hier noch Jugendspieler.
Zum Saisonbeginn wurde ich vom Sportlichen Leiter Nachwuchs (meinem früheren A-Jugendtrainer Mirko Schubert) nun also in den täglichen Trainingsbetrieb geschickt. Eine besondere Herausforderung für mich wurde, dass ich gleich als Co-Trainer 5 Mannschaften in allen Altersklassen zugeteilt wurde, um möglichst schnell viele Erfahrungen zu sammeln. Direkt ins kalte Wasser geschmissen zu werden und ohne nennenswerte Vorerfahrung als Trainer zu agieren war eine große Aufgabe.
Ich musste mich an die unterschiedlichen Trainertypen anpassen, bei den Kindern als Autoritätsperson auftreten und nicht als der Kumpeltyp rüberzukommen, welcher eigentlich vor kurzem selbst noch ein Jugendspieler war. Meine erste Erfahrung war also - die Balance zwischen Autorität und Spaß ist gar nicht so einfach wie gedacht. Bei einem Training war ich wohl mal zu ernst, so dass einer der Jungs nach einer meiner Ansagen salutierte und ,,Jawohl, Sir!” rief.
Interessant wurde es auch, als ich die A-Jugend als Co trainiert habe und darunter auch viele Jungs sind, mit denen ich letzte Saison noch selbst zusammen gespielt hatte.
Die Umstellung vom Spieler zum Trainer lief aber relativ gut auch durch die Unterstützung der ganzen anderen Trainer.
Nach 8 Wochen FSJ-Trainertätigkeit habe ich dann über die Sportjugend Berlin auch meine C-Lizenzausbildung beim Berliner Fußballverband absolviert und erfolgreich die Prüfungen bestanden. Dabei war der vielfältige Einsatz bei den Kindern aller Charaktere und Altersklassen und die damit schon gesammelte Trainererfahrung sehr hilfreich. Der Trainerlehrgang hat mich enorm weitergebracht hat. Ich lernte viel über den richtigen Umgang mit den Kindern und den optimalen Aufbau eines Trainingstages. Dort traf ich auch viele FSJler aus anderen Vereinen kennen. So ergab sich ein toller Erfahrungsaustausch.
Jetzt zurück im Verein könnte das Training kaum besser laufen auch, weil man selbst mit einem noch größeren Selbstvertrauen in die Sache rein geht.
In nur ein paar Monaten hat sich auch meine eigene Persönlichkeit enorm verändert.
Als Spieler war ich eher der Stille Typ der seine Aufgaben macht und nur Fußball spielen wollte.
Als Trainer kann man es sich aber nicht leisten ruhig und zurückhaltend zu sein.
Man muss viel mit den Jungs und Mädchen reden und sie motivieren, aufbauen oder auch mal eben sagen, dass er/sie sich mehr anstrengen muss (ohne den Spieler dabei runter zu machen).
Alles in allem gilt es viel zu beachten, wie das eigene Auftreten, das Training an sich und den richtigen sozialen Umgang mit den Spielern. Die Tatsache, dass ich selbst jahrelang Spieler war erleichtert es mir aber, da ich weiß wie ich immer wollte, dass die Trainer mit mir umgehen.
Schlussendlich lässt sich für mich sagen, dass jeden Tag auf dem Platz stehen und sich mit der schönsten (Neben-)Sache der Welt zu beschäftigen um einiges besser ist, als direkt nach der Schule gleich wieder 6 Jahre nur zu lernen und rumzuhocken. Neben der fachlichen Ausbildung sammle ich bei meiner FSJ-Tätigkeit nämlich etwas, dass kein Lehrbuch, kein Seminar bieten kann – Lebenserfahrung! Das tut mir gut und, so das Feedback von Spielern und Trainerkollegen bisher, ich meinem Verein auch."